KW 2Die Woche, in der die Maske der AfD endgültig gefallen ist

Die 2. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 8 neue Texte mit insgesamt 80.708 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

diese Woche war eine Sternstunde des investigativen Journalismus. Die Kolleg:innen von Correctiv haben in einer aufsehenerregenden Recherche aufgedeckt, wie sich Funktionär:innen der AfD, aber auch Mitglieder der CDU, im Geheimen mit Neonazis getroffen haben, um einen Masterplan zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu schmieden. Ein Plan, wonach sogar Staatsbürger:innen deportiert werden sollen, wenn sie nicht dem rassistischen Bild eines „Deutschen“ entsprechen oder wenn sie vermeintlich falsche Überzeugungen haben. Diesen Plan sollten wir bezeichnen als das, was er ist: faschistisch.

Die AfD steht einer freien Gesellschaft komplett entgegen. Diese Partei will eine autoritäre, rassistische und völkische Gesellschaft, in der nicht alle Menschen gleich sind. Sie will unseren Nachbar:innen, Freund:innen und Familienmitgliedern an den Kragen. Sie ist eine Gefahr für uns alle und die Demokratie als Ganzes. Und diese Gefahr ist akut, weil die AfD in diesem Jahr bei den Europawahlen erfolgreich abschneiden und bei den Landtagswahlen im Osten stärkste Kraft werden könnte.

Ihr mögt Euch fragen, was das alles mit Netzpolitik zu tun hat? Es hat viel damit zu tun. Es betrifft alles, wofür wir als Medium und Community stehen: Eine offene und freie Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt und in Würde leben können. Aktuell spielen digitale Themen für die AfD nur eine untergeordnete Rolle. Es gibt aber keinen Zweifel daran, dass ihre menschenfeindliche Unterdrückung auch digital stattfinden wird, sollte die Partei an die Macht kommen.

Wenn wir das verhindern wollen, dürfen wir nicht so weitermachen wie bisher. Die demokratische Mehrheitsgesellschaft muss endlich aus ihrem Biedermeier-Schlaf aufwachen, sich verbünden und aktiv werden. Wir müssen die AfD jetzt sofort und viel stärker als bisher politisch und gesellschaftlich bekämpfen. Und zwar gemeinsam – von konservativ über liberal bis zu grün und links.

Wir stehen zusammen auf der demokratischen Seite der Geschichte, auch wenn wir politisch sehr verschieden sind. Deswegen brauchen wir auch eine gemeinsame Erzählung, für die es sich zu kämpfen lohnt. Die Vision einer freien, offenen und pluralen Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die sich mutig der Klimakrise stellt, damit unsere Kinder friedlich, zuversichtlich und in materieller Sicherheit leben können.

Nach der Recherche wird jetzt viel darüber diskutiert, die AfD zu verbieten. So ein Verbotsverfahren dauert lange und wird kurzfristig nicht dazu führen, die Partei kleinzukriegen. Als Bürgerrechtler tue ich mich naturgemäß schwer mit Parteiverboten, die ein schwerwiegender Eingriff in die politische Willensbildung sind.

Trotzdem finde ich, dass ein AfD-Verbot jetzt geprüft werden muss. Bei allen Schwierigkeiten und Gefahren eines solchen Verfahrens: Es ist ein Werkzeug, das verfassungsrechtlich dafür vorgesehen ist, die Demokratie vor ihren Feinden zu schützen. Wäre ein solches Verfahren erfolgreich, würde die AfD verboten und zerschlagen, würden ihr die finanziellen Mittel entzogen und wäre ihre Arbeit auf allen Ebenen erschwert.

Wenn wir aber so halbgar weitermachen wie bisher, den Rechtsradikalen und Nazis in Talkshows eine Bühne bieten, ihre Themen rauf- und runterdiskutieren, ihnen nach dem Mund reden oder – wie Teile der CDU – zunehmend enger mit ihnen zusammenarbeiten und sogar mit Kooperationen liebäugeln, dann werden sie gewinnen und ihre Pläne durchsetzen.

Wir haben als eine der wenigen Redaktionen des Landes schon lange eine klare Haltung im Umgang mit der AfD: Wegen ihrer menschenverachtenden Politik kommen bei uns Vertreter:innen der Partei nicht zu Wort. Wir geben ihnen keine Bühne. Denn gegen Nazis und Rechtsradikale hilft nur strikte politische Abgrenzung: keine Zusammenarbeit, keinen Fußbreit zurückweichen, nur Gegnerschaft.

Nach der Correctiv-Recherche ist die Maske der AfD endgültig gefallen. Nie wieder ist jetzt – und zwar bevor die Lawine uns überrollt.

Ich wünsche Euch allen ein schönes Wochenende, spannende Diskussionen und neue Bündnisse

Markus Reuter

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1 Ergänzungen

  1. Die Recherche zeigt, daß faschistische Ideen nicht nur in der AfD gedeihen, sondern auch in der CDU bzw. in der Werteunion. Dennoch scheint die Union keinerlei Interesse daran zu haben diesem Treiben ein Ende zu setzen. Eine Diskussion über ein AfD Verbot lenkt wunderbar vom eigenen Standpunkt und Zielen ab. Eine Bewegung der großen Parteien nach rechts hat längst stattgefunden, es ist keine Tendenz mehr. Besonders kraß ist das bei den Grünen zu sehen. Sie haben alle ihre Werte und Haltungen über Bord geworfen. Die SPD liefert wie gewohnt den Betrug am Wähler.

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